In ihrer Zeit als Präsidentin von Island lagen Vigdís Finnbogadóttir vor allem Kultur und Förderung von Gemeinschaft, Land und Sprache am Herzen, was ihrer eigenen Aussage nach als eng miteinander verwobenes Ganzes zu verstehen ist. Oft erinnerte sie daran, dass Sprache und Wort das kostbarste Gut des isländischen Volkes sind, der Eckpfeiler von dessen Kultur:
Worte sind die einzigen Schlösser, die wir Isländer besitzen. In einer so kleinen und armen Gesellschaft haben wir doch nie unsere Menschlichkeit verloren. Und nie haben wir vergessen, sie in Worte zu kleiden – das einzig beständige Material, das wir besitzen – all unser Gut und unsere Gedanken. Genau deshalb ist es uns so leicht gefallen, eine so vielfältige zeitgenössische Kultur zu schaffen. (Antrittsrede 1980)
Vigdís Finnbogadóttir hat oft gesagt, dass ihr nichts so viel genutzt habe im Präsidentenamt wie ihre Sprachenkenntnisse und der Einblick, den sie in die Kultur anderer Völker hatte. So war es ihr gelungen, ein konstruktives Gespräch mit anderen Völkern aufzunehmen und dabei gleichzeitig die isländische Kultur und Wirtschaft zu fördern. Wo auch immer Vigdís Finnbogadóttir auftrat, lenkte sie die Aufmerksamkeit auf Island, die Sprache, Natur und Geschichte ihres Volkes und dessen Verbindung zu anderen Ländern. Besonders oft betonte sie die Bedeutung guter Sprachkenntnisse für alle, die im Bereich der Wirtschaft auf internationaler Ebene aktiv sind. Kenntnisse in Sprache und Kultur eines Verhandlungspartners seien die Grundlage dessen, die Kultur des anderen verstehen zu können, und damit die Grundlage für den Erfolg in der Wirtschaft und bei sämtlichen anderen Kontakten.
Bereits in ihrer ersten Antrittsrede stellte Vigdís Finnbogadóttir die Bedeutung der isländischen Sprache für ihr Volk in den Vordergrund:
Oft werden wir daran erinnert, dass es vor allem die isländische Sprache ist, die uns als Isländer definiert. Die Sprache birgt einen Schatz an Erinnerungen in sich, sie ist gleichzeitig das wahre Symbol und der Motor unserer Einheit. Doch die isländische Sprache macht uns nicht nur zu Isländern, sie macht uns zu Menschen. Sie macht uns zu Weltbürgern, die verpflichtet sind, nach besten Möglichkeiten einen Beitrag zum ständigen Fortschritt der Menschheit zu leisten.
Im Sommer ihres ersten Amtsjahres unternahm Vigdís Finnbogadóttir fünf offizielle Reisen im Inland, darunter einen Besuch auf Grímsey, dem ersten offiziellen Besuch eines isländischen Präsidenten auf der Insel am Polarkreis.
Allen, die den Auftrag erhalten, hier im Präsidentensitz von Bessastaðir einzuziehen, ist der Wunsch nach Nähe zu ihrem Volk, zu ihrer Nation gemeinsam, davon bin ich überzeugt. Zuhause im eigenen Land, in diesem so besonderen Haus auf Álftanes oder mit den wunderbaren Menschen da draußen im Lande. Die Freundschaft und Gastfreundschaft, die Großzügigkeit und das kultivierte Auftreten, wo auch immer die Menschen einen Präsidenten empfangen, werden mir stets unvergessen bleiben, eine wahre Quelle der Freude. (Antrittsrede 1984)
Die Aufforstung des Landes verglich Vigdís Finnbogadóttir oft mit der Erziehung von Kindern, so sei die Kultivierung des Landes eng mit der Förderung junger Menschen verbunden. Es helfe nur wenig, das von Errosion geplagte Land aufzuforsten, wenn man dabei vergisst, dass die gesamte Zukunft unseres Volkes von der Jugend abhängt. Sie appellierte in diesem Sinne an die jungen Menschen und bat die älteren, der Jugend ein gutes Vorbild zu sein. In ihrer dritten Antrittsrede im Jahre 1988 begrüßte sie den Aufbruch, der auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Pflege des eigenen Landes unter den Isländern stattgefunden hatte.
Immer mehr und mehr Menschen sind sich im Klaren darüber, dass das Land, das wir geerbt haben, ein Recht darauf hat, dass wir uns darum kümmern und es bewahren, ihm den Pflanzenreichtum zurückgeben, den es einst verloren hat, und dass wir all unser Wissen und unsere Kenntnisse sowie unseren Ideenreichtum dafür einsetzen. So zahlen wir zurück, was wir unserem Land schulden, und zwar unseren Kindern genau wie auch den kommenden Generationen. Es mag sein, dass wir heute frühere Generationen dafür verurteilen, dass sie dem Land oft mehr genommen haben, als es zu geben hatte, doch dabei dürfen wir nicht vergessen, dass diese Menschen keine andere Wahl hatten. Doch wir haben keine solche Entschuldigung und unsere Erben werden uns deshalb nicht auf gleiche Weise vergeben können. Denn wir sollten wissen, was wir tun, sowohl unser Land wie auch unsere Fischgründe, den Reichtum dieser Ressourcen, aber auch deren Grenzen, zu kennen. (Antrittsrede 1988)