Vigdís Finnbogadóttir wurde am 29. Juni 1980 zur Präsidentin von Island gewählt. Sie war die vierte in der Reihe der Präsidenten der Republik und übte dieses Amt über eine Dauer von vier Amtszeiten hinweg aus, d.h. bis zum Jahre 1996. Vigdís Finnbogadóttir wurde im Jahre 1984 ohne Gegenkandidatur wiedergewählt, im Jahre 1988 dann durch eine Wahl und im Jahre 1992 erneut ohne Gegenkandidatur. Am 31. Juli 1996 endete ihre Präsidentschaft.
Bei ihrem Amtsantritt am 1. August 1980 fand Vigdís Finnbogadóttir die folgenden Worte:
„Was mich vor allem anderen bewegt – und immer bewegen wird – ist mein aufrichtiger Wunsch, dass das demokratische Handeln unseres Volkes bei dieser Wahl und all unseren Regierungsstrukturen dem Lande und uns allen zum Wohle gereichen möge, in unseren Beziehungen untereinander gleichwie zu anderen Völkern.”(Antrittsrede 1980)
Viele wollten jetzt diese, weltweit erste, demokratisch gewählte Präsidentin kennen lernen und erfahren, welche Standpunkte sie vertrat. Die Tatsache, dass Vigdís Finnbogadóttir eine ganze Reihe von Sprachen beherrschte und sich gut in der Geschichte und Kultur vieler anderer Völker auskannte, trug zu dem wachsenden Ansehen und Respekt bei, mit dem man ihr überall begegnete. Ihre Fähigkeiten in den nordischen Sprachen sowie Französisch, Englisch und Deutsch stießen überall auf Aufmerksamkeit und trugen zu ihrem Erfolg bei. Zu Beginn ihrer zweiten Amtszeit sagte Vigdís Finnbogadóttir: „Als ich bei meinem Amtsantritt vor vier Jahren an dieser Stelle stand, waren sich wohl nur wenige vollständig dessen bewusst, dass die Isländer ein neues Kapitel in der Geschichte der Menschheit aufgeschlagen hatten, indem sie als erste in demokratischen Wahlen eine Frau in das Präsidentenamt wählten. Diese vier Jahre, in denen ich dieses Amt innegehabt habe, wurden in großem Maße davon geprägt, dass andere Völker dieser Tatsache so viel Aufmerksamkeit schenkten. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die Neuerungen auf dem Gebiet der Medientechnik es heute ermöglichen, dass Nachrichten sich mit rasender Geschwindigkeit auf der ganzen Welt ausbreiten – mitunter auch Nachrichten, die eine solche Aufmerksamkeit vielleicht weniger verdienen – entstand so eine vorher nicht gekannte Neugier auf Island und das isländische Volk, das eine solche Kühnheit gezeigt hatte. Andere Völker wollten mehr über diese Insel im Nordmeer erfahren und die Freundschaft mit uns verstärken.“
Zum Anlass des 25-jährigen Jubiläums ihrer Wahl sagte Vigdís Finnbogadóttir, dass sie bei ihrem Amtsantritt von Männern im Frack umringt gewesen sei und keine andere Frau in dieser Gruppe gesehen habe außer Halldóra Eldjárn, die Ehefrau des vorangegangen Präsidenten. Sie habe erst im Laufe der Zeit immer besser begriffen, welche Bedeutung es tatsächlich gehabt hatte, dass die Isländer eine Frau in das Amt des Präsidenten gewählt hatten. „Es spielt keine Rolle, wo in der Welt ich gerade bin. Immer erwähnen die Menschen diese eine Sache. Die Wahl hat unserem Land und unserem Volk viel Aufmerksamkeit beschert.“ (Vigdís Finnbogadóttir, Interview im Januar 2009)
Während ihrer Amtszeit machte Vigdís Finnbogadóttir oft die Lage der Frau innerhalb der Gesellschaft zum Thema. Zum Abschluss der UN-Dekade der Frau im Jahre 1985 sagte sie, es sei ein weiter Weg von Island bis ins Himmelreich. Und auch wenn ein beachtlicher Schritt vollbracht worden sei, sei der Weg voraus noch steil und steinig.
Vigdís Finnbogadóttir war als Präsidentin beliebt und genoss großen Respekt. Man war sich einig darüber, dass sie eine große Führungspersönlichkeit sei, was sich nicht zuletzt in ihrem allseitig anerkannten Einsatz nach den katastrophalen Lawinen in den Fischerdörfern Flateyri und Súðavík im Jahre 1995 zeigte. Vigdís Finnbogadóttir nahm an einer den Opfern der Lawine gewidmeten Gedenkveranstaltung teil, wo sie den Angehörigen und allen Bewohnern der Westfjorde tiefes Mitgefühl und Wärme zeigte. „Die Menschen fanden Trost in einer Umarmung und kein Seemann schämte sich dafür, an meiner Schulter zu weinen.“ (Vigdís Finnbogadóttir, Interview im Januar 2009). In ihrerNeujahrsansprache 1995 erinnerte sie an diese Geschehnisse: „Wenn wir auf das vergangene Jahr zurückblicken, erinnern wir uns vor allem anderen daran, dass wir einen so schweren Schicksalsschlag erlitten haben. Bei so tragischen Ereignissen, wie sie in Súðavík und Flateyri vorgefallen sind, verspüren wir ein Gefühl tiefster Ohnmacht und gleichzeitig füllen sich unsere Herzen von Mitgefühl für alle, die einen so großen Verlust haben hinnehmen müssen, nicht nur dort, sondern überall in unserem Land.“